Ja, ich hatte tatsächlich einen Mutausbruch. Vergangenen Freitagabend auf der Speaker Slam-Bühne bei Hermann Scherer. Und ich war nicht die Einzige. meine Mitstreiter, 87 an der Zahl, sind alle über sich hinausgewachsen. Der einzige Unterschied: ich habe einen wahren Seelenstriptease hingelegt und die Zuhörer mit in die Untiefen emotionalen, psychischen und narzisstischen Missbrauchs genommen. Das war schon komisch, das Nähkästchen so weit aufzuklappen. Aber irgendjemand muss diesem Thema ja mal eine Stimme verleihen. Also habe ich es getan. Und siehe da, ich habe nicht nur minutenlang Standing Ovations bekommen, sondern auch ganz viel Lob und Zuspruch: ” Hut ab, Melanie, vor Deiner Rede mit einem so wichtigen Thema! Bitte gehe weiterhin raus damit und verleihe all den so gedemütigten Frauen eine Stimme!”. “Danke für Deine Verletzlichkeit, Melanie!”. “Du bist der Inbegriff von Mut für mich! Danke dafür!” Gänsehaut pur für mich. Und obwohl ich weiß, dass es da draußen hinter ganz vielen Türen diese emotionalen Quälereien und Manipulationen gibt, war ich doch überrascht, wie viele Menschen direkt auf mich zukamen und mir von der Tochter, der besten Freundin oder der Kollegin, die in einer ähnlichen Situation gefangen ist, erzählt haben. Emotionaler und psychischer Missbrauch geht uns also doch alle irgendwie an. Wenn nicht uns selbst, dann vielleicht jemanden, den wir kennen und der es nicht schafft, sich aus eigener Kraft zu befreien. Deshalb ist es umso wichtiger, dass wir endlich wieder aufrichtiges Interesse an unserem Gegenüber entwickeln, gewisse Dinge hinterfragen und eine helfende Hand bieten. Oder manchmal auch nur eine starke Schulter. Oberflächlich betrachtet sehen toxische Beziehungen immer toll und erfüllt aus, ganz à la ‘Gute Miene zum bösen Spiel’. Freiwillig zugeben, was man mit sich machen lässt? Nein, auf keinen Fall! Wenn man sich dessen überhaupt bewusst ist…
Aber zurück zu meinem Mutausbruch, der – zugegebenermaßen – nicht wirklich spontan kam. Ich war vorbereitet und habe meine vier Minuten lange Rede immer und immer wieder geübt. Und es hat sich gelohnt! Der Excellence Award für die beste Rede des Abends ging an mich! Eine schöne Bestätigung zwar und doch nicht das Wichtigste daran.